Kalkbehälteraufsatz

Herkunft: Mittlerer Sepik, Nordost-Neuguinea, Melanesien
Material: Holz, Rattanstreifen, Kasuarfedern, Gebrauchsspuren
Maße: H. 44 cm
Datierung: um 1900

In Melanesien wird hauptsächlich Holz als Gestaltungsmaterial verwendet, das meist aus dem ganzen Stamm herausgeschlagen wird. Daneben finden Baststoffe, Blattscheiden, Rattan, Bambus, Kürbis, Samen, Erdfarben, Schildpatt, Federn, Tierknochen, Muscheln und sogar der menschliche Körper (Ahnenschädel) Eingang in das Materiallager eines Kunstschaffenden.

Das hier vorliegende Gebilde ist aus mehreren Materialien gestaltet. Es ist eine kunstvoll um eine Astgabel geflochten, figurale Konstruktion aus Pflanzengeflecht mit zwei radartigen Gebilden. Dazwischen ist aus demselben Flechtmaterial auf halber Höhe eine fliegende Vogelfigur gestaltet. Sowohl der Vogel als auch die Räder sind mit schwarzen, dünnen Kasuarfedern geschmückt. Bei diesem Kalkbehälteraufsatz handelt es sich um ein Meisterstück tropischer Kunstfertigkeit, das in europäischen Museen eher selten vertreten ist. Der Kalkbehälter selbst, üblicherweise ein bemaltes Stück Bambusrohr, ist in diesem Falle nicht mehr vorhanden. Wozu aber dient ein Kalkbehälter?

In ganz Neuguinea (und Südostasien) ist das Kauen von Nüssen der Betelpalme als leicht narkotisierendes Genussmittel verbreitet. Zum Genuss wird ein Stück des Nusskernes, gewöhnlich die Hälfte, in ein mit Speichel befeuchtetes und mit Kalkpulver bestreutes Betelpfefferblatt gewickelt, in den Mund geschoben und unter wiederholtem Zugeben kleiner Portionen Kalk langsam gekaut, bis nur ein kleines Klümpchen übrigbleibt, das man schließlich ausspuckt. Das Betelkauen färbt Speichel, Zunge und Zähne blutrot. Ohne geeignete Reinigung werden die Zähne mit der Zeit braun bis schwarz. Der Kalk wird in Kalebassen oder verzierten Bambusbüchsen aufbewahrt. Behälter wie diese mit figürlichen Aufsätzen wurden weit gehandelt und von jungen Männern nach Beendigung ihrer Initiationsfeiern bis zu ihrem nächsten Haarschnitt verwendet.

 

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